Niklaus Lenherr & Maya Reinhard: Vis-à-Vis
4. März – 29. April 2012
––––––––––––––––––––
VIS-À-VIS
Die Papeterie Reinhard wird wohl leider in absehbarer Zeit die Türen schliessen. Zum einen wird Sepp Reinhard seine berufliche Tätigkeit als Fotograf mehr oder weniger aufgeben, zum anderen wird Frau Reinhard nicht mehr hinter dem Ladentisch der Papeterie anzutreffen sein.
Die beiden haben während den letzten 50 Jahren einen Familienbetrieb geführt, dessen Grundpfeiler von Vater Josef Reinhard gesetzt wurden. Auch er war Fotograf, Sepp Reinhard trat in seine Fusstapfen und dessen Sohn, Daniel, führt diese Tradition wiederum weiter. Diese drei Generationen haben in Sachseln Fotogeschichte geschrieben und geprägt.
Sepp Reinhard, im Volksmund „Katastrophen Sepp“ genannt, war dort, wo es brannte, wo etwas statt fand, wohin er gerufen wurde, oder wo er ein gutes Bild vermutete. Der Ausdruck „rasender Reporter“ trifft auf ihn voll und ganz zu. Er wird als typischer Reportagenfotograf bezeichnet und die Sportfotografie war seine Leidenschaft.
Er scheute den eigenen Auftritt nicht, um zu einem aussagekräftigen Bild zu gelangen und war der Fotograf an Vereinsanlässen und „Hundsverlocheten“. Seine Fotos wurden über Jahrzehnte in Zeitschriften, Tages-und Wochenzeitungen gedruckt. Mit dem Fotogeschäft verbunden war das Führen der Papeterie Reinhard in Sachseln. Wahrlich ein Sammelsurium, eine Fundgrube, wie sie heutzutage kaum mehr zu finden ist. Dieser Laden wird in naher Zukunft aufgelöst, ein Fundus an Schreibwaren und Papiersorten und vielerlei mehr wird verschwinden.
Frau Reinhard war immer für ein Schwätzchen zu haben, ihre herzliche Freundlichkeit und Geduld war vorbildlich, ihr Überblick über das Sortiment im engen Ladenlokal beeindruckend. Wer Utensilien sucht, die es nirgends mehr zu finden gibt, sei es nostalgisches Einpackpapier, Silvesteraufkleber“, Ansichts-und Igelkarten …in der Papeterie Reinhard kann man noch fündig werden. Was wir mit der Ausstellung bezwecken möchten: Dem Schaffen der Familie Reinhard Referenz erweisen. Es soll eine Würdigung der Arbeit von beiden sein.
Sepp Reinhard steht/stand mit seiner fotografischen Arbeit eher im Vordergrund und wurde dafür auch schon öfters geehrt, z.B.2001 mit dem Bildband “Katastrophen-Sepp“ oder kürzlich, anlässlich seines 80-sten Geburtstages mit der Plakataktion im Kanton OW. Wie so oft stand auch in der Familie Reinhard die Frau im Hintergrund, um die Stellung zu halten und das Geschäft und die Familie zu managen. Deshalb möchten wir Rosa Reinhard einen speziellen Platz in dieser Ausstellung geben. Da sie sehr kommunikativ ist, scheint uns die geeignete Form dafür ein Gespräch, ein Dialog auf den Stühlen, die auch im Laden zum Schwatz bereit stehen. Es wird ein Gespräch über ihre Zeit in Sachseln sein, über die Zeit hinter dem Ladentisch und wir werden Geschichten von der Bahnhofstrasse vernehmen.
Die Fotografendynastie Reinhard hat ungesehene Schätze im Archiv, zum Teil noch von Vater Reinhard und ein ganz kleiner Teil dieser Werke, sowie von noch aktuellen und erhältlichen Ansichtskarten sollen in dieser Ausstellung präsentiert und gewürdigt werden. Sepp Reinhard wird ebenfalls die Gelegenheit bekommen, von seiner Arbeitsweise zu erzählen, es werden mit Sicherheit uns unbekannt-bekannte Vorgehensweisen zu erfahren sein, wie Bildaufbau, Motiv-und Sujetwahl, Ausschnitt, Personen und Geschichten. Die Gegenüberstellung von schau!fenster (Bahnhofstrasse 6) und Papeterie Reinhard, (Bahnhofstrasse 3 ), erscheint uns reizvoll, denn ihre Arbeit und ihr Leben spiegelt sich vis-à-vis – von Schaufenster zu Schaufenster.